User Centered Design

UCD-Prozesse im Unternehmen einführen

User Centered Design ist der entscheidende Mehrwert bei der Entwicklung von Produkten und Maschinen. Darum lohnt es sich, UCD-Prozesse nachhaltig im Unternehmen zu verankern.

25.11.2020Text: bbv0 Kommentare
User Centered Design_Prozesse

Design und Usability spielen beim Verkaufserfolg von Consumer-Geräten wie Smartphones oder Kaffeemaschinen schon längst eine überragende Rolle. User Centered Design (UCD) sorgt dafür, dass Design und Usability in Einklang stehen mit der Funktionalität. Industrielle Produkte dagegen werden häufig noch nach rein funktionellen Kriterien entwickelt. Die Usability oder gar das Aussehen spielen bestenfalls eine untergeordnete Rolle. Das rächt sich jedoch in zunehmendem Masse. Denn auch in rein industriellen Umgebungen sind die Ansprüche der Anwenderinnen und Anwender heute geprägt von Erfahrungen aus dem Privatleben. Grundsätzlich gilt: Wer ein Gerät oder eine Maschine entwickelt, tut gut daran, von Anfang an UCD-Spezialisten mit ins Boot zu holen.

«Ich erlebe es auch heute noch relativ häufig, dass Schweizer Ingenieure auf technischem Niveau Top-Geräte entwickeln, die jedoch von der Usability und vom Aussehen her an die sechziger Jahre erinnern», erklärt Flavio Maspoli, User Requirements Engineer bei bbv. Dabei geht es nicht um geschmäcklerische Einwände, sondern um handfeste Nachteile gegenüber der Konkurrenz. «Gerade wenn die Usability nicht stimmt, kann das für ein Unternehmen unter Umständen massive Mehrkosten beispielsweise beim Support verursachen,» stellt Maspoli fest.

Um eine hohe User Experience (UX) sicherzustellen, empfiehlt Maspoli, den UCD/UX-Prozess zu systematisieren und fest im Unternehmen zu verankern. «So erreicht man die nötige Skalierung, damit User Centered Design nicht nur im Einzelfall eingesetzt wird, sondern zur Selbstverständlichkeit wird.» Um UCD/UX-Prozesse erfolgreich einzuführen, empfiehlt Maspoli eine vierstufige Roadmap. «Ich habe sehr gute Erfahrungen gemacht mit dem Modell, dass Eric M. Schaffer 2004 entwickelt hat.»

1: Die Startup-Phase

Hier gilt es zuerst, die Frage nach der Motivation zur Einführung von UCD/UX-Prozessen zu klären. Dies gelingt mit Interviews von Stakeholdern, Mitarbeitenden und Benutzern. Oft steht hinter der Einführung von UCD-Prozessen ein unterschwelliger Veränderungsdruck, den es zu erkennen gilt.

Anschliessend muss ein UX-BotschafterIn im Unternehmen identifiziert werden. «Es gibt in jeder Firma Profis, die sich oft seit Jahren für UCD einsetzen – oft leider vergeblich», so Maspoli. Der «UX-Evangelist» sorgt für die nötigen Ressourcen des UCD-Teams und treibt die Einführung von UCD mit Nachdruck voran. Ganz wichtig: Er oder sie sorgt dafür, dass das Management die UCD-Strategie abnimmt und voll mitträgt. Dafür brauchen UX-BotschafterInnen den direkten Zugang zur höchsten Unternehmensebene.

2. Die Setup-Phase

In der zweiten Phase, die zwischen 6 und 9 Monaten dauert, werden fünf Themen parallel angegangen:

  • Training und Ausbildung der Mitarbeitenden
  • Anpassung der Entwicklungsprozesse und skalierte Integration in agile Prozesse
  • Aufbau eines Werkzeugkastens
  • Aufbau von Interface Design Standards
  • UCD erlebbar machen

In dieser Phase wächst der UCD/UX-Prozess und wird stetig an die Bedürfnisse des Unternehmens angepasst. «Es gibt kein starres Muster, wie so ein Prozess aussehen muss,» betont Maspoli. Das heisst: Ausprobieren, korrigieren, verwerfen, erneut ausprobieren. So ist ein passgenauer Prozess gewährleistet, der nicht nach einem Projekt bereits wieder über Bord geworfen wird. Letztlich ist die Entwicklung des UCD-Prozesses selbst bereits die aktive Anwendung von User Centered Design.

3. Die Organisations-Phase

In dieser Phase werden die Erkenntnisse aus der Setup-Phase gefestigt. Es geht darum, den UCD/UX-Prozessen die nötige Sichtbarkeit zu verschaffen. In dieser Hinsicht sehr förderlich ist es, wenn das UCD-Team Tester und Testerinnen quer durch die Firma rekrutiert. UCD sollte ausserdem nicht mehr nur bei einzelnen Produktentwicklungen selbstverständlich sein, sondern bei der Anpassung sämtlicher Prozesse im Unternehmen. «Ein gut etabliertes UCD-Team wird in dieser Phase bei Bedarf von allen Abteilungen beigezogen,» betont Maspoli. «Manchmal reicht schon eine kurze Intervention zu Beginn eines Projekts». So wird UCD Teil der Firmen-DNA und die angestrebte Skalierung erreicht.

4. Die Operations-Phase

UCD/UX-Prozesse sind etabliert und werden selbstverständlich in allen Abteilungen bei Bedarf abgerufen. Möglich ist in dieser Phase, dass der UX-BotschafterIn um Chief User Experience Officer (CXO) befördert wird, um dem Thema noch mehr Gewicht in der Geschäftsleitung zu verleihen.

Fazit

User Centered Design ist heute eine Disziplin, die für die Industrie – egal welcher Branche – unabdinglich ist. Die Usability und das Design von Maschinen und Geräten schafft einen Mehrwert, der die Konkurrenzfähigkeit auch international erhöht. Die Einführung eines nachhaltigen UCD/UX-Prozesses erfordert aber ein strategisches Vorgehen. Gerade in der Startphase ist es von Vorteil, einen externen, erfahrenen UCD-Spezialisten als Berater beizuziehen. Er identifiziert nicht zuletzt den UCD-Botschafterin und gibt ihm zu Beginn des Projekts die nötige Unterstützung. So ist eine kontinuierliche und zielgerichtete Entwicklung gewährleitet. Und: Ohne die nachdrückliche Unterstützung des Managements geht gar nichts.

Der Experte

Flavio Maspoli

Flavio Maspoli ist seit mehr als 20 Jahren in der Gestaltung und Entwicklung von digitalen Produkten und interaktiven Systemen tätig. Dabei setzt er Design-Thinking-Methoden als leistungsfähigen Ansatz zur Entwicklung von benutzerzentrierten Produkten in seiner täglichen Arbeit erfolgreich ein.

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