Wenn es darum geht, ein IoT-Projekt zu starten, sind viele Fragen zu beantworten. Welches sind die genauen Anforderungen an die Funktionalität? Welche System-Architektur braucht es? Welche Art der Plattform soll gewählt werden? Welcher Anbieter kann das Projekt am besten unterstützten? Diese und ähnliche grundsätzliche Fragen legen das Fundament für die weitere Entwicklung des Projekts. Gerade, wenn ein Unternehmen noch wenig IoT-Know-how hat, ist insbesondere die Auseinandersetzung mit der Wahl von Cloud-Plattform und Partner wichtig.
Hier ein Überblick über die Themen, die bei der Wahl eine wichtige Rolle spielen. Grundlage ist das bbv-Booklet «IoT-Cloud-Plattformen: Entscheidungshilfe für die richtige Wahl des Anbieters». Wenn Sie für Ihr Unternehmen eine persönliche Beratung und Begleitung wünschen, empfehlen wir Ihnen gerne unsere individuell auf Ihre Bedürfnisse abgestimmten Innovation-Workshops.
Die Wahl des IoT-Cloud-Anbieters
Mit welcher Cloud ein Unternehmen die IoT-Reise antreten soll, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zum Beispiel:
- Ist der Anbieter in der Lage, sämtliche Anwendungsfälle abzubilden?
- Unterstützt der Anbieter den benötigten Technologie-Stack?
- Welche Services werden angeboten?
- Gibt es Einschränkungen, die beim Anbieter in Kauf genommen werden müssen?
Wichtige Punkte sind zudem die Skalierbarkeit, die Verfügbarkeit und die Sicherheit seitens Cloud-Plattform. Besteht zudem bereits eine Zusammenarbeit mit einem Cloud-Anbieter, sollte man prüfen, ob es Synergien zu anderen Services gibt und ob die Möglichkeit für Rabatte besteht. Zudem sollte die Lösung zur eigenen Cloud-Strategie passen.
«Zu Beginn des Projekts wird das Thema Big Data häufig unterschätzt. Wenn wir mit den Kunden das Mengengerüst rechnen, kommen schon mal Datenmengen im Terabyte-Bereich heraus. Nicht viele Cloud-Anbieter können solche Datenmengen kosteneffizient verarbeiten. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen.»
Roland Krummenacher, Senior Software Architekt bei bbv
Weitere Kriterien für die Wahl des Anbieters können etwa dessen Kundenportfolio oder Stabilität im Markt sein. Nicht zuletzt entscheiden auch die Kosten über die Wahl des Anbieters. Etwa, ob seine Preise transparent sind oder ob sie verhandelt werden müssen, ob zusätzliche Kosten für Lizenzen, SDKs etc. anfallen, wie die Preise skalieren und ob sie über die Zeit stabil sind. Um die künftige Weiterentwicklung des Produkts zu garantieren, sollte der Anbieter des IoT-Cloud-Services mit den neusten Entwicklungen und Trends Schritt halten.
Die Wahl der IoT-Cloud-Plattform
In welchem Umfang ein Unternehmen ein neues IoT-System selbst implementiert und managt, hängt im Wesentlichen von der Kapazität und dem vorhandenen Know-how ab. Je nachdem überlässt man mehr Aufgaben dem Anbieter oder implementiert gewisse Funktionalitäten selbst. Grundsätzlich können IoT-Cloud-Plattformen in zwei Kategorien eingeteilt werden:
- Software-as-a-Service (SaaS): Damit können Anbieter fertige IoT-Lösungen out-of-the-box zur Verfügung stellen. Weil die Dienste bereits implementiert sind, müssen im Wesentlichen «nur» noch die Geräte ins System eingebunden sowie die Benutzer und ihre Rechte eingerichtet werden. Diese Art der IoT-Plattform eignet sich insbesondere für gängige Use cases wie etwa die Visualisierung von Sensordaten. SaaS hat aber den Nachteil, dass das vordefinierte System kaum Innovationen zulässt, mit denen man sich von der Konkurrenz abheben könnte. Zudem ist die Abhängigkeit vom Anbieter grösser als bei anderen Lösungen.
- Platform-as-a-Service (PaaS): Hier liefert der Anbieter keine fixfertige Implementierung, sondern einen Baukasten an Cloud-Diensten. Dabei bleibt mehr Spielraum für die Entwicklung der eigenen Anwendungsfälle (oder jener von Dritten). PaaS-Lösungen bieten vor allem grosse Dienstleister wie Microsoft, Amazon, IBM oder Google an. Sie verfügen über eine Vielzahl von «Managed Services» mit unterschiedlichen Optionen in Verfügbarkeit, Skalierbarkeit etc. Vorteile: Unternehmen bleiben mit PaaS flexibler für eigene Innovationen und müssen sich nicht selbst um die Sicherheit des Systems kümmern. Die Implementierung erfordert aber mehr Zeit und eigenes Know-how als SaaS-Angebote.
Daneben besteht theoretisch die Möglichkeit, IoT-Systeme per Infrastructure-as-a-Service (IaaS) aufzusetzen. Allerdings nutzt man mit IaaS keine eigentliche IoT-Plattform eines Anbieters, sondern mietet lediglich Server, auf denen die selbstverantwortete Software betrieben wird. Bei dieser Methode sind die Eigenleistungen am grössten, daher trifft man reines IaaS im IoT-Bereich sehr selten an. Relativ häufig anzutreffen sind hingegen Hybrid-Formen aus Paas und IaaS, da solche Kombinationen einige Vorteile bieten: Unternehmen können die Konnektivität und Kommunikation zu den Devices an einen Dienstleister auslagern, der bereits alle Anforderungen wie Sicherheit, Verfügbarkeit, Skalierbarkeit und Compliance abdeckt. Zu nennen sind etwa Services wie Azure IoT Hub oder Amazon Device Gateway. Für die Verarbeitung der IoT-Daten kommt dann aber ein eigenes, spezialisiertes Big-Data-Tool zum Einsatz, das auf dem IaaS-Cluster installiert und betrieben werden kann. Mit einer solchen Hybrid-Lösung bleibt das Unternehmen weniger abhängig vom Cloud-Anbieter. Gleichzeitig steigen aber die Entwicklungskosten.
«Gerade bei grösseren Unternehmen ist auch Container-as-a-Service als Mittelding zwischen IaaS und PaaS beliebt. Es kombiniert gewisse Vorteile von PaaS mit der Plattform-Unabhängigkeit von IaaS.»
Roland Krummenacher, Senior Software Architekt bei bbv
Kurze Time-to-Market vs. langfristige Vision
IoT-Projekte beginnen in der Regel mit einem Minimum Viable Product (MVP), also einer Version eines neuen Produkts, das mit dem geringstmöglichen Aufwand erstellt wird, um für die Validierung mit Kunden verwendet zu werden. Somit können Anwendungsfälle innert kürzester Zeit konkret getestet und die Anforderungen an das Produkt für die Weiterentwicklung geschärft werden. Doch sollte dabei besonderes Augenmerk auf die Skalierbarkeit des Systems gegeben werden, damit die Möglichkeit zur Weiterentwicklung bestehen bleibt. Weitere wichtige Faktoren sind die zu erwartenden Kosten sowie die langfristige Produktevision. Zukünftige Prozesse für Mandantenfähigkeit, Benutzer- und Rechteverwaltung, Audit, Monitoring, Support etc. sollten ebenfalls in die Planung miteinbezogen werden können.
«IoT-Systeme, die für End-Benutzer entwickelt werden, müssen häufig mandantenfähig sein. Das bedeutet, dass viele Kunden auf demselben System unterwegs sind und deren Daten nur virtuell voneinander isoliert werden. Mandantenfähige Systeme stellen besondere Anforderungen an die Architektur und das Design einer Lösung.»
Roland Krummenacher, Senior Software Architekt bei bbv
Weitere entscheidende Fragen stellen sich zur Konnektivität, zur Skalierbarkeit, zur Erweiterbarkeit und nicht zuletzt zur Sicherheit von IoT-Lösungen und IoT-Cloud-Anbietern:
- Konnektivität: Obschon es in Bezug auf die Konnektivität zwischen Cloud und Device noch keinen einheitlichen Standard gibt, scheint sich das Verfahren der grossen Cloud-Anbieter mit vom Device ausgehenden Verbindungen, die bidirektional genutzt werden können, durchzusetzen. Das Verfahren eliminiert bereits von Beginn an viele potenzielle Schwachstellen. Lesen Sie mehr dazu im Booklet.
- Sicherheit: Um bestehende Gefahren eines IoT-Systems auszumachen, sollte eine Risikoanalyse gemacht werden. Mit dem Internet verbundene Devices sollten per Remote aktualisiert, Sicherheitslücken gepatched werden können. Compliance-Zertifizierungen garantieren einen hohen Sicherheitsstandard der Cloud-Plattform.
- Verfügbarkeiten, Backup, Verantwortlichkeiten: Für die Wahl des Anbieters ist wichtig zu wissen, wie es im Detail um die Verfügbarkeit steht und welche Verantwortlichkeiten den Kunden überlassen werden. Weiter ausgehandelt werden sollen Art und Planung von Backups oder wie in einem Notfall umgegangen wird: Gibt es beim Anbieter einen Desaster-Recovery-Plan?
Der Experte
Roland Krummenacher
Roland Krummenacher war Cloud-Experte bei bbv. Während seiner Zeit bei bbv hat er über 40 Unternehmen zu Cloud-Themen beraten und in diversen Cloud-Projekten die technische Verantwortung getragen. Er war Microsoft Most Valuable Professional (MVP) für Azure und leitete die Cloud-Community von bbv.