Success Story Thermoplan

Jetzt ist auch die Kaffeemaschine online

Thermoplan und bbv Software Services haben es geschafft: Nach zwei Jahren tüfteln, forschen und werken, ist es den beiden langjährigen Geschäftspartnern gelungen, die Kaffeemaschine zu digitalisieren.

25.09.2018Text: tnt-graphics0 Kommentare
Thermoplan_Kaffeemaschine
Teamwork für vernetzte Kaffeemaschinen (von links): Adrian Steiner (Thermoplan), Rolf Hochstrasser (Thermoplan), Roland Krummenacher (bbv) und Philipp Kronenberg (bbv). Foto: Bruno Arnold

Als Thermoplan in Weggis vor 23 Jahren die erste vollautomatische Kaffeemaschine konstruierte, dachte niemand daran, dass diese eines Tages mit dem Internet verbunden sein würde. Bis vor drei Jahren, als die amerikanische Kaffeehauskette Starbucks, ein Grosskunde des Schweizer Unternehmens, mit ebendiesem Anliegen hervortrat: Wie verbinden wir eine Kaffeemaschine mit dem Internet? «Für uns war sofort klar, wir machen uns an die Arbeit», erzählt Adrian Steiner, CEO von Thermoplan. Klar war auch, dass sie für dieses Projekt mit dem ihnen bereits vertrauten Entwicklungspartner bbv Software Services in Luzern zusammenarbeiten wollten. «Nur, wie wir es umsetzen würden, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar», erinnert sich Roland Krummenacher, Cloud-Experte bei bbv.

Klang das Vorhaben für manche Ohren vielleicht zunächst utopisch, ist es für einen Dienstleister wie bbv, der nach der Philosophie «Making Visions Work» arbeitet, eine durchaus realistische Aufgabenstellung. Seit einigen Wochen ist die Errungenschaft nun auf dem Markt.

Der Kaffeesatz verrät alles

«Vor unserer Zusammenarbeit machte die Maschine guten Kaffee. Jetzt macht sie immer, ohne Unterbruch und Ausnahme, guten Kaffee», sagt Steiner. Denn jede Maschine, die ans Internet angeschlossen ist, liefert laufend Daten an die Cloud. «Hersteller und Kunde sind jederzeit über den Zustand der Geräte informiert. Wie viele Kaffees werden in welcher Qualität produziert? Wurde die Reinigung korrekt durchgeführt? Funktioniert die Kühlung der Milch? Alles wird registriert», erklärt Philipp Kronenberg, CEO der bbv. Hierfür hat das Unternehmen ein Cloud-System entwickelt, das diese Daten analysiert. Wird etwas Auffälliges registriert, sendet das System eine Meldung und der Fehler kann sofort behoben werden. «Wir können die Betriebssicherheit permanent gewährleisten, wenn nötig schnell reagieren und so einen proaktiven Service leisten», ergänzt Steiner.

Ziel ist es, dass in Zukunft jede Thermoplan-Maschine weltweit an dieses Cloud-System angeschlossen wird. Dann müssen täglich rund 100 Gigabyte gespeichert und verarbeitet werden können. «Was schlussendlich von Nutzen ist, entscheidet das Kaffeehaus. Behalten werden die Daten so lange, wie sie spannend sind», sagt Krummenacher.

Für Thermoplan und ihre Endkunden bietet die Digitalisierung der Kaffeemaschine gleich mehrere Vorteile. Da sind zum Beispiel selbst Daten eines simplen Satzbehälters wertvoll. «Diese Informationen sind insofern wichtig, wenn eine Kaffeehauskette wissen möchte, wann ihre Satzbehälter voll sind. Sind sie es, wenn der grösste Ansturm herrscht, hilft es dem Personal, rechtzeitig zu reagieren», erklärt Rolf Hochstrasser, Project Manager bei Thermoplan. Genau dasselbe ist auch für den Bohnenbehälter und den Milchtank möglich. «Speed of Service ist heutzutage wichtig. Niemand will warten», ist sich Steiner bewusst.

Thermoplan

Thermoplan entwickelt und produziert Kaffeevollautomaten für den professionellen Gebrauch in Gastronomie und Gewerbe. Das Zentralschweizer Familienunternehmen ist global tätig und beliefert Kunden in 72 Ländern. Am Hauptsitz in Weggis sind rund 300 Mitarbeitende tätig. Weltweit gehören über 200 zertifizierte Vertriebs- und Servicepartner zum Thermoplan-Netzwerk.

 

Alles an einem Ort gesteuert

Warten muss man noch nicht mal auf den Techniker. «Er weiss schon, bevor er vor Ort eintrifft, was kaputtgegangen ist. Die gesammelten Daten erlauben es sogar vorauszusagen, was demnächst kaputtgehen wird», sagt Hochstrasser. Weiss der Techniker früh genug, wann er wo eine Komponente austauschen muss, kann er seine Route entsprechend planen. Dem heutigen Anspruch wird so vollumfänglich Rechnung getragen: Die Maschinen sind jederzeit funktionstüchtig.

Nicht nur wenn etwas kaputt geht, auch wenn die Kaffeehäuser ein neues Kaffeerezept entwickeln, musste bisher ein Techniker bei jeder Maschine vorbeifahren und dieses Rezept auf das Gerät laden. Das ist ebenfalls vorbei. «Jede Maschine, egal wo auf der Welt sie sich befindet, kann von einem Ort aus via Internet konfiguriert werden», erklärt Krummenacher. «Das ist die Innovation, sonst haben wir das Rad nicht komplett neu erfunden.» Die Cloud-Plattform für die Umsetzung, wurde von Microsoft beigesteuert. Azure, so ihr Name, hat einige bereits integrierte Standardfunktionen, den Rest konnte bbv mit Funktionalitäten füllen, die sie mit Thermoplan und Testkunden in Arbeitsgruppen eruiert hatten.

Der rege Kontakt mit dem Endkunden war wichtig, damit nicht an seinen Bedürfnissen vorbei entwickelt wurde. Um den Arbeitsprozess so reibungslos wie möglich zu gestalten, hat bbv einige seiner Arbeiter bei Thermoplan einquartiert. «Die Zusammenarbeit war ab dem ersten Meeting vor drei Jahren sehr agil. Es wurde jeweils in zweiwöchigen Sprints gearbeitet und dann die erarbeiteten Funktionalitäten demonstriert und gleich den Pilotkunden zur Verfügung gestellt», erzählt bbv-CEO Kronenberg.

Ein Handstand kostet Geld

Rückblickend hat der Zeitpunkt, als die Arbeiten aufgenommen wurden, mitunter einen rechten Handstand erfordert. Aufgrund der raschen Entwicklung im Internet der Dinge gibt es mittlerweile fixfertige Dienste, die einen Teil der damaligen Herausforderungen lösen. «Es war aber von Anfang an klar, dass einige Teile des erarbeiteten Konstrukts irgendwann wieder wegfallen würden», sagt Krummenacher. Dass ein Start, ein paar Jahre später, den Handstand womöglich erspart hätte, ärgert ihn nicht. «Es ist ein Innovationsprojekt, womit wir uns hier befassen. Wir haben eine ordentliche Lernkurve hingelegt und können uns nun von der Konkurrenz absetzen.», sagt Steiner.

Die Thermoplan-Vollautomaten ab 10’000 Franken können mit zusätzlichen 350 Franken digitalisiert werden.

Den richtigen Zeitpunkt gibt es in der Welt der Technik wohl ohnehin nicht. «Die Digitalisierung der Kaffeemaschine hat kein Ende. Die Technik entwickelt sich permanent weiter», so Kronenberg. Dass sie den richtigen Weg eingeschlagen haben, bestätigt auch der Blick ins Ausland, wo Thermoplan-CEO Steiner gerade von einer Asien-Reise zurückgekehrt ist. «In China verkauft man im Grosshandel keine Kaffeemaschine, die nicht ans Internet angeschlossen ist. Wir haben momentan einen deutlichen Wettbewerbsvorteil.»

Von der Innovation sind jedoch noch nicht alle überzeugt. «Der europäische Kunde versteht oft nicht, wieso er Geld dafür bezahlen soll, damit ihm seine Kaffeemaschine sagt, was sie braucht», ergänzt Steiner. Seine Ambition ist dennoch, dass irgendwann jede Kaffeemaschine ans Internet angeschlossen ist. Die Vollautomaten von Thermoplan, die ab 10’000 Franken zu haben sind, können mit zusätzlichen 350 Franken digitalisiert werden. Die daraus resultierende optimale Nutzung führt wiederum dazu, dass Kosten eingespart werden.

bbv und Thermoplan haben drei lehrreiche Jahre hinter sich. «Heute sind wir mit dem aktuellen Stand sehr zufrieden», sagt Roland Krummenacher von bbv. «In Zukunft wollen wir noch flexibler werden. Ziel ist es, dass wir das neue System längerfristig ohne das Team von bbv steuern und zukünftige Anpassungen selbst vornehmen können», ergänzt Rolf Hochstrasser von Thermoplan.

Zusammen mit dem Partner bbv sieht Thermoplan sogar eine mögliche Zukunft mit einer selbstlernenden Kaffeemaschine. Eine, die sich alles merken kann, die weiss, welche Wasserqualität zu welchem Zeitpunkt des Tages durch sie hindurchfliesst und entsprechend reagieren kann. Für zwei Partner, die keine Herausforderung scheuen, steht wohl auch dieser Vision nichts im Wege.

 

Text: Sandra Monn, erschienen in der NZZ-Verlagsbeilage, 22.9.2018. Eine PDF-Version des Artikels finden Sie hier.

Microsoft hat den Kundencase ebenso beschrieben. Zum Artikel

Eine kurze Beschreibung zur Zusammenarbeit mit Thermoplan finden Sie hier.

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