UX bei der Digitalisierung von Prozessen

So wird die Web-Nutzung zum Erlebnis

Eine gute Softwarelösung muss nicht nur funktionieren, sie muss auch optimal genutzt werden können. 5 Tipps, die man beim Erstellen einer Anwendung berücksichtigen sollte.

30.07.2018Text: tnt-graphics0 Kommentare
User Experience_Web-Nutzung

Bei der Digitalisierung von Prozessen ist die User Experience (UX) zentral. Deshalb sollte bereits bei der Entwicklung von Software bzw. allen digitalen Produkten auf ein optimales UX-Design geachtet werden. Es ist nicht damit getan, eine schicke und gut verständliche Benutzeroberfläche für eine Anwendung anzubieten – vielmehr sollen die gesamte Struktur und das Design von Grund auf für eine optimale Benutzung konzipiert sein. Patrick Labud, UX-Experte bei bbv, gibt Tipps, worauf Sie für eine gute User Experience achten sollten.

1. Die Nutzer kennen lernen

Bevor man eine gute User Experience anbieten kann, muss man wissen, wer die Endnutzer sind und welche Bedürfnisse sie haben. «Um in der Digitalisierung erfolgreich zu sein, ist User Research unabdingbar», sagt Patrick Labud, User-Experience-Experte bei bbv. Dazu gehört es, die Nutzer beim Verwenden des Produkts zu beobachten und sie zu befragen. So findet man heraus, welche Bedürfnisse bestehen und wo die Schwierigkeiten liegen.

«Um zu verstehen, wie die Nutzer die Software bedienen, wie sie Routine-Aufgaben oder spezielle Anwendungen erledigen oder welche Hilfsmittel sie benötigen, beobachten wir sie im Arbeitsalltag und führen Interviews durch. Heute darf ein Benutzer eine Software nicht mehr als kompliziert wahrnehmen, da er sonst auf ein anderes Produkt ausweicht», sagt Labud. «Studien haben zum Beispiel ergeben, dass Besucher von Webshops sich beim ersten Besuch innerhalb einer Sekunde entscheiden, ob sie bei dem Webshop bleiben oder auf den eines Konkurrenten wechseln.

2. Die Nutzer von Anfang an miteinbeziehen

UX-Design soll nicht bloss in die Benutzeroberfläche integriert werden, sondern muss ein integraler Bestandteil der Softwareentwicklung beziehungsweise der Produkteentwicklung sein. «Wenn erst bei der Gestaltung der Benutzeroberfläche angefangen wird, auf die Nutzer einzugehen, ist es bereits zu spät», sagt Patrick Labud. Es geht also bei UX nicht bloss darum, ein angenehmes Nutzererlebnis und eine effiziente Nutzung zu ermöglichen, sondern das gesamte Design der Software auf eine optimale Nutzung auszurichten. Schliesslich nützt eine technisch perfekte Lösung nur wenig, wenn sie die Endkunden nicht ohne Probleme und Hindernisse nutzen können. Umgekehrt gilt es auch, die beste Benutzeroberfläche bringt nichts, wenn die Software nicht zuverlässig ist.

3. Business- und Nutzerbedürfnisse in Einklang bringen

So wie die Bedürfnisse der Endnutzer von Anfang an berücksichtigt werden sollen, ist es wichtig, auch die Anforderungen des Business in das Produkt zu integrieren. «Dabei wird zum Beispiel berücksichtigt, wie gross die Einsparungen sind, die dank einer Optimierung der Usability geschaffen werden können», sagt Labud. So kann die Verweildauer von Benutzern auf einer Webseite oder die Zeit, in der sich Nutzer in einer Business-Software orientieren müssen, sich direkt auf den Umsatz auswirken.

Die Grundfrage lautet: Wie viele Nutzer verwenden die Funktionen eines Produktes wie oft? Daraus ergibt sich ein Mengengerüst, das einen Aufwand für Optimierungen rechtfertigt. «Für eine Funktion in einer Software, die von zehn Personen dreimal täglich verwendet wird, sollten die Aufwände für die Optimierung deutlich tiefer liegen, als für eine Funktion, die täglich von 600 Personen mehrmals verwendet wird», sagt Labud. Mit kleinen Effizienzsteigerungen können pro Benutzer einige Sekunden gewonnen werden, kumuliert sind daraus massive Einsparungen möglich.

4. Kontext und Umstände berücksichtigen

Die Umstände, unter denen ein digitales Produkt genutzt wird, haben einen grossen Einfluss auf die User Experience. Gemäss Patrick Labud spielen viele Faktoren in die Gestaltung der Benutzeroberfläche mit ein: «Ob jemand eine Software im Büro, unterwegs in der U-Bahn oder auf dem Sofa benutzt, kann ebenso einen Einfluss haben, wie der Umstand, ob eine Person gerade gestresst oder entspannt ist oder durch äussere Einflüsse gestört wird.» So wie die Stimmung und die Umgebung einen Einfluss haben können, machen auch kulturelle Unterschiede oder die Sprache einen Unterschied, «Ob ein Produkt in Europa oder in Asien verwendet wird, kann einen grossen Einfluss darauf haben, ob es effizient genutzt wird», erklärt Labud. «Die Symbolik von verwendeten Farben muss ebenso berücksichtigt werden wie Design-Konventionen oder die Besonderheiten in der Übersetzung. Die Internationalisierungen und die Programmierung von mehreren Versionen für verschiedene Kulturräume sind jedoch aufwändig. «Grundsätzlich sollte man versuchen, so wenige Versionen zu planen wie möglich, aber so viele wie nötig.»

5. Prototypen nicht final verwenden

Prototypen sollen ausgiebig getestet werden – «und zwar nicht von irgendwelchen Testpersonen oder gar von Beteiligten in der Entwicklung, sondern von echten Benutzern», sagt Patrick Labud. Eine neu erstellte oder veränderte Software muss auch in Alltagssituationen getestet werden, um damit Erkenntnisse für die Weiterentwicklung gewinnen zu können. Diese Erkenntnisse sollen danach in die finale Software-Version einfliessen. So können Hindernisse beseitigt und ein Mehrwert für die Nutzer geschaffen werden. «Wichtig dabei ist, dass man für die finale Version nicht einen abgeänderten Prototyp verwendet, sondern dass die Endversion komplett neu aufgebaut wird, um etwaige Altlasten nicht in ein fertiges Produkt zu übernehmen», erklärt Labud. «Wenn die Entwickler viel Zeit und Energie in einen Prototyp hineinstecken, liegt die Versuchung oft nahe, dieses Produkt dann auch gleich in die Endversion zu überführen.»

Der Experte

Patrick Labud

Patrick Labud ist als Senior Consultant für das Thema User Experience bei bbv tätig. Mit dem Ziel «glückliche User» unterstützt er Firmen dabei, UX in IT-Projekte zu integrieren. Für das Thema User Experience engagiert er sich zusätzlich in der Fachgruppe UX der Swiss ICT.

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